Waschtag?

4. August 2016

Tag 39 – Von der Puerto del Poio nach Astorga

Man hätte heute morgen einfach auch alles in ein Schwimmbad werfen können. Das Ergebnis wäre das gleiche gewesen. – Mit dem kleinen Unterschied, dass ich und meine paar Habseligkeiten danach zwar auch nass aber zumindest sauber gewesen wären. Daran mangelte es mittlerweile nämlich massiv.

Zwar hatte ich meine Radlerhose am Vorabend noch gewaschen, diese war nun aber immer noch so patschnass, wie zuvor. Also was tun? – Ich setzte mir ein alles überragendes Ziel an diesem Tag. Und dieses begann mit „W“ wie Waschen und endete mit „T“ wie Trockenheit. (Am Ende des Tages packte ich noch ein „F“ hinzu, gab ein „What the Fuck?!“ darauf und verschob die ganze Angelegenheit auf auf den nächsten Tag.)

Man glaubt es kaum, aber wenn man mal ein halbes Jahr unterwegs ist, um etwas Abstand von dem ganzen bürokratischen Wahnsinn zu nehmen, der einen zu Hause so belästigt, holt er einen selbst an der Grenze zwischen Galizien und Kastilien-León wieder ein.

So musste ich heute, nach etwa viereinhalb Jahren (!), dem Bafög-Amt einen Leistungsnachweis schicken, damit ich, wenn ich Glück hab, schlussendlich doch nicht ganz so viel zurückberappen muss. Eventuell liesen sich dann ja noch ein oder zwei Monate Urlaub dranhängen. Wer weiß… (Nein Spaß, aber was getan werden muss, muss halt auch getan werden. – Egal wo man gerade ist. Internet und Bruderherz machens möglich.)

schönes Guten-Morgen-Wetter
Also wurde es heute morgen wieder nichts aus den Reiseberichten. Ich checkte lieber noch ein paar Bankkonten. Aus denen ich allerdings nicht wirklich schlau wurde. Dann ging es ab in den Regen. Es machte keinen Sinn auf dessen Ende zu hoffen. Nicht hier auf 1300 Meter Höhe. Nach etwa 8 Kilometern würde mich dann eine hübsche Abfahrt gen Ponferrada erwarten, die sicherlich eine hübsche Wetterwende mit sich bringt.

Gesagt, getan! – Anfangs noch ob des dicken Nebels mit Sarah’s neongrünem Regencape unterwegs, schwitze ich mir darin nach ein paar Kilometern so dermaßen den Arsch ab, dass ich den Regen vorzog. Das Cape wickelte ich der Sichtbarkeit halber um die Gitarre hinten auf dem Fahrrad und fuhr so unter lautem Gegröle den Berg hinab. So eine Abfahrt muss man einfach feiern! 20 oder 30 km war sie etwa lang!

Hier auf dem Camino Francés begegne ich zudem auch endlich einem Haufen anderer Fahrradpilger, denen allerdings ich (in diesem Fall) respektverkundent einen Daumen nach oben „entgegenwarf“, während sie sich im Regenwetter den Berg hoch quälten. – Das hatte ich alles auch schon einige Male anders herum erlebt. Und immer hatte ich mich über den Daumen der vorbeifahrenden Radfahrer gefreut. Der motiviert ungemein!

Es ist schon lustig mit welcher Vehemenz einem so mancher Pilger auf dem Weg zu verstehen geben will, dass man offensichtlich in die falsche Richtung fährt. Es wird geradezu ein Running-Gag während der Rückreise daraus. Manchmal sind die Kommentare zwar nicht wirklich ernst gemeint und man merkt selber, dass sich die Pilger einen Spaß aus der Situation machen. Andere teilen dir jedoch todernst mit, dass du offensichtlich in die falsche Richtung fährst. Santiago läge in der anderen.

Gott sei Dank bin ich meistens zu schnell, um mich auf eine wirkliche Diskussion darüber einzulassen. Aber meinen Spaß hab ich, das ist gewiss. Am liebsten würde ich ihnen ja gerne so etwas entgegen rufen, wie „Ich hätte da eine leichte Rechts-Links-Schwäche, was gelbe Pfeile angeht.“ aber dafür sind meine Spanischkenntnisse zu mürbe.

Ponferrada
Es war heute also so: Meine Radlerunterwäsche war klatschnass (jeder der gerne viel Fahrrad fährt, weiß, was das bedeutet) und ich musste die ersten 60 Kilometer in meiner Boxershort zurücklegen, ehe ich irgendwo jenseits von Ponferrada einen kleinen Platz entlang der Nationalstraße erspähte, wo ich kurz mal einen kompletten Klamottenwechsel einlegen konnte. Der springende Punkt dabei ist: Wer 60 Kilometer in einer Boxershort fährt, freut sich wahrlich auf die nächsten 60 Kilometer. Und zwar einfach nur deswegen, weil er sie nicht in der Boxershort zurücklegen muss.

So wurden aus den ursprünglich geplanten 95 km heute recht schnell 140 km. Ich sag es euch: „Beginnt euren Tag in den ungemütlichsten Klamotten ever, dann verbringt ihr am Ende des Tages Meisterleistungen!“

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Das zweite Hochgebirge mit abermals ca. 1200 Höhenmetern inklusive 3 Tunneln ward nun also auch überwunden.

Für den heutigen Abend bin ich dann, kurz hinter Astorga, auf einem Campingplatz eingekehrt, wo sich deutsche Langzeitcamper, was Gartenzaungestaltung inklusive der entsprechenden Gartenzwerg-Arrangements wirklich noch etwas abschauen können. – Ob mir das gefällt? Ich wage es zu bezweifeln.

das Wahrzeichen Spaniens
Kurz vor Astorga (das muss noch erwähnt werden) hab ich ihn endlich entdeckt: meinen geliebten spanischen Stier! …imposanter als der Hollywood-Schriftzug und… ja, eigentlich auch nur Alkohol-Werbung. Aber auf jeden Fall schön!

Ich weiß nicht, wie oft und an welchen Stellen er noch so in Spanien auf Hügeln herumsteht. (Wie ich inzwischen herausgefunden hab, sind es unzählige.) Aber hier, soviel ist sicher, hat er sich einen ganz besonderes Platz ausgesucht. Vorbei galizisches Hochland! Nun geht es in die spanische Pampa! Ich freu mich auf die Hitze! (Sagte ich am 4.8.2016 – fragt mich später lieber nochmal…)

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Als ich also nach Astorga einfuhr, bemerkte ich einen knappen Meter hinter dem Ortschild noch, wie sich das Fundstück der Woche ähnlich beknackt auf meinem Tacho breit machte, wie es der Geheimcode für den Luftschild um den Planeten Druidia aus dem Film „Spaceballs“ eben auch tut. – Nur mal so am Rande. (Dieser Satz ergibt nicht wirklich viel Sinn, aber das muss er auch nicht.)

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