Mein Tanz am Rande des Vulkans

Tag 7 – Von Seyssel zum Lac d'Aiguebelette

Der Asphalt war inzwischen so weichgekocht, dass man mit dem Fahrrad und den Füßen einfach daran kleben blieb…

Man glaubt es kaum, aber heute würde ich nun wirklich mal etwas Varianz in meine Strecke bringen! Anstelle wie sonst zum Lac de Paladru zu fahren, hatte ich mir einen anderen See als Ziel gesetzt. Den Lac d’Aiguebelette. Auch wenn er phonetisch gesehen so ziemlich unaussprechbar daherkommt, sollte mir bei seinem Anblick (vor allem in Anbetracht meines Zeltplatzes) noch die Kinnlade runterfallen. Doch zu allererst musste noch der Weg bis dorthin bestritten werden. Bei den weiterhin steigenden Temperaturen, gar kein so leichtes Unterfangen.

Blik auf den Lac d’Aiguebelette

Zunächst noch entlang der Via Rhona, bog mein Weg alsbald in eine andere Richtung ab und ich machte es mir fortan, einem Bächlein namens Flon folgend, auf meinem Fahrradsattel recht unbequem. Wo ich nur konnte, füllte ich mir meine Wasserreserven auf und schütte mir im weiteren mindestens die doppelte Menge davon über mein Haupt oder tränkte mein Kopftuch. Ein Sonnenstich wäre sicherlich das letzte gewesen, was ich heute gebrauchen konnte.

Es war dermaßen heiß, dass sich selbst das eine oder andere Auto am Straßenrand spontaner Selbstentzündung erfreute. Auch Fata-Morgana-artige Luftspiegelungen längst vergangener Radfahrbekanntschaften über den Wegen waren keine Seltenheit.

Der Asphalt selbst war inzwischen so weichgekocht, dass man mit dem Fahrrad und den Füßen einfach daran kleben blieb. Es herrschte eine Gluthitze. Doch wie es schien, war ich zumindest nicht der einzige verrückte Radfahrer, der dieser zu strotzen versuchte.

Zum willkommenen Mittagssnack lud ein künstlicher Stein am Wegesrand ein, der in Form und Aggregatzustand noch recht unbedenklich zum kurzen Verweilen einlud, ehe auch er sich in eine Pfütze aus Magma verwandeln würde. Ich packte die Gelegenheit beim Schopf und vergnügte mich an leckerem Rote-Beete-Salat mit Stangensellerie.

„Brochette végétarienne de céleri et ses bettraves rouges devant scénario panoramique“

Alles hängt ja bekanntlich vom Namen ab, ob jetzt schmackhaft, energiereich oder nicht. So nannte ich diesen kulinarischen Hochgenuss kurzer Dinge „Brochette végétarienne de céleri et ses bettraves rouges devant scénario panoramique“ und hätte in der Schweiz mindestens einen Zwanni dafür berappen müssen.

Gestärkt oder auch nicht aber zumindest mit ordentlich Vitaminen und Eisen im Blut machte ich mich an den Berg des Tages, wo ich dank meiner ausgesprochen gesunden Ernährung nach 2 km fast aus dem Sattel kippte. Ich erinnerte mich an die Notration Dextro-Energen, die mir Michi genau für solche Momente mitgegeben hatte, löste eines davon in einem Rest Fruchtsaft auf und schon konnte die Reise weiter gehen.

Endlich! Die langersehnte Ankunft am Lac d’Aiguebelette.

Die Belohnung für den anstrengenden Tag erntete ich sogleich am Abend bei Ankunft auf dem Campingplatz „Mont Grèle“ im Süden vom Lac d’Aiguebelette. Egal wie intensiv ich auch in meinem Oberstübchen herumkrame, mir kam bisher kein vergleichbarer zu Augen. Ich fühlte mich sogleich zu Hause.

Manuel, der Besitzer war dermaßen unkompliziert und freundlich und man merkte sofort, dass er mit Herzblut bei seiner Tätigkeit als Platzwart dabei war. Er ließ mich erstmal gemütlich zwei kleine Biere zischen, die ich mir nach diesem Tag auch redlich verdient hatte, bevor wir uns ganz langsam an die Formalitäten machten.

Zwar war der Campingplatz eigentlich schon überfüllt, da ich aber nur eine Nacht blieb und mit dem Fahrrad unterwegs war, bekam ich den besten Platz überhaupt: direkt am See!

So entspannt die Ankunft bereits war, so familiär und gemütlich ging auch der Abend weiter. Es gab zwar nur aufgetaute Paninis aus dem Backofen zum Essen, allerdings auch einen kostenlosen Stromanschluss für meinen Computer und reichlich Tipps für die nächsten Etappen.

Lac d’Aiguebelette bei Sonnenaufgang

Ich möchte mich an dieser Stelle einfach nochmal für diese ausgesprochen liebenswürdige Gastfreundschaft und das Vertrauen bedanken, die mir Manuel und seine Familie nach diesem Tag entgegenbrachten. Ich komm bestimmt bald wieder zum Camping Mont Grèle am Lac d’Aiguebelette!

Das Fundstück des Tages:

Das Fundstück des Tages war eigentlich gar kein Fundstück, sonder ein verloren gegangenes. – Nun denn, wer hier auch immer seinen Spülschwamm vermisst, der hat ihm sicherlich auch einen Namen gegeben und gesteht ihm in seiner Küche ein ganz besonderes Plätzchen zu.

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