Drei Monate später…

13. Oktober 2016

Vom Camping Parque Ardales nach Olvera

Es war heute nun einer dieser Tage an denen einfach nichts vorangehen will. Zunächst scheiterte es schlicht daran, all meine restlichen Sachen noch einigermaßen trocken zu kriegen, ehe ich sie in den einzelnen Taschen verstaute. Dem Muff wollte ich diese eine Möglichkeit, sich in meinen Habseligkeiten auszubreiten, partout nicht zugestehen.

Das weitere Vorankommen scheiterte daraufhin paradoxerweise genau an dem Gegenteil vom Vortag, dem nun endlich schönen Wetter. Gegen Mittag machte er sich allmählich breit, der Sonnenschein. Dieser ließ den Stausee fortan nicht mehr nur in schnödem Grau, sondern in hübschestem Blau erstrahlen.

Embalse del Conde de Guadalhorce
Meist kam ich nur wenige Meter weit, ehe ich schon wieder die Kamera heraus holen musste um das nächste Foto zu machen. Und sei es nur, weil sich der Blick auf den See während dieser paar Meter eben genau um jenen Winkel geändert hat, der meiner Ansicht nach dem vorigen Foto noch fehlte.

Embalse del Guadalhorce
Embalse del Guadalhorce
Danach wurde es mit dem Vorankommen kaum besser. Sei es wegen ein paar netten Wolkenformationen, dem Schatten, den diese auf die Felder warfen oder einfach nur zwecks einer praktischen Ansammlung von Müll am Straßenrand. Meine Durchschnittsgeschwindigkeit ging in den Keller und die Idee vom Vortag, gegen 4 Uhr in Olvera anzukommen, wo Diego und David auf mich warten würden, verschob sich allmählich aber fortwährend in den Sonnenuntergang.

Felder
Zudem hatte ich so gut wie keine Wegzehrung eingepackt. Warum? Wer weiß das schon. Einen Supermarkt hätte es gegeben. Nun waren nur eine halbe Tüte Chips und etwas trockenes Brot übrig, was ich auf einem Stein kauernd mit den Ameisen um mich herum teilte, um mich ein klein wenig von der spartanischen Ernährung abzulenken. – Was war das schon in Anbetracht der Strecke? Nichts! Gar nichts! Zusätzlich haute heute noch der Wind ganz gehörig rein. Der hatte sich, wider meiner Hoffnung vom Vortag, genau für die entgegengesetzte Richtung entschieden.

Teba
Etwas Abhilfe zum fehlenden Proviant versprach eine kleine Tankstelle in der Nähe der durchaus pittoresken Ortschaft Teba. (Läge sie nur nicht so hoch auf einem Berg…) Ich zögerte nicht lange und kaufte mir zusätzlich zu der Packung Kekse nun zum ersten Mal während meiner Reise einen Energy-Drink.

Dieser hatte nun wenigstens dem Wind jene Energie entgegenzusetzen, die mir bis dahin so bitter nötig fehlte. Allerdings lösten sich inzwischen auch meine Radler-Shorts mehr und mehr in ihre Grundbestandteile auf. Einen Anblick möchte ich euch gerne ersparen, erntete ich doch schon genügend irritierte Blicke. – Hätte ich ein Karomuster auf meine Hose gemalt, wäre sie gerade noch als Schottenrock durchgekommen, mehr aber auch nicht. So konnte ich mich unter keinen Umständen noch irgendwo blicken lassen. Vor Olvera musste also noch ein schneller Klamottenwechsel her. Wohlgemerkt erst kurz davor: Schön Luftig ist so eine Fahrt im Schottenrock allemal!

Der Energie-Drink hatte es wirklich in sich. Die restlichen Kilometer bis auf den letzten Berg vor Olvera vergingen wie im Flug. Ob das gesund ist, wage ich zwar zu bezweifeln. Jedoch beschloss ich, dass mir heute ganz einfach keine andere Wahl blieb. Damit verabschiedeten sich zumindest die Gewissensbisse.

Pass vor Olvera
Als ich dann endlich den letzten Pass erreichte, machte sich der Red Bull-Verschnitt abermals bemerkbar, nur dieses Mal von seiner anderen Seite. Mich haute es schier vom Fahrrad, so unterzuckert war mein Körper plötzlich. Gerade noch rechtzeitig erreichte ich einen kleinen Zufahrtsweg, wo ich den „Pit-Stop“ mit dem ebenfalls nötigen Klamottenwechsel verband. Von der Packung Kekse war danach nicht mehr viel übrig. Eigentlich überhaupt nichts mehr.

Die Uhr zeigte nun bereits kurz nach 7 und prompt klingelte auch das Telefon. Diego war am Apparat und machte sich bereits Sorgen. Ich konnte ihn jedoch beruhigen, war ich doch nur noch knappe 5 km vom Ort entfernt, eine rasche Abfahrt inklusive. Zwar hatte ich keine Ahnung wo ich dort angekommen, hinfahren solle, aber das würde sich vor Ort sicherlich schon von alleine irgendwie regeln. Von der Wegbeschreibung am Telefon verstand ich jedenfalls nicht viel.

Es war dann doch einfacher als gedacht: die Kneipe, in der ich mich mit Diego treffen wollte, war praktisch am Ortsanfang gelegen und Diego winkte mir schon von Weitem mit ausladenden Armbewegungen zu. Bis ich ihn allerdings bemerkte, war ich ihm schon fast über die Füße gefahren.

Manhatten in Olvera
Heiderdaus! Was für ein Wiedersehen! Am 12. Juli, da war es! Da hatte ich die Jungs während ihres Montageaufenthalts auf einem Campingplatz in der Nähe von Toulouse kennengelernt und einen feuchtfröhlichen Abend mit ihnen genossen. Ihre Einladung, ich solle dann doch in der Nähe von Cádiz mal bei ihnen vorbeischauen, nahm ich damals dankend zur Kenntnis. Allerdings hatte ich beim besten Willen nicht geglaubt, dass sich unsere Wege exakt 3 Monate später wirklich noch einmal kreuzen würden. Das entsprechende Wiedersehens-Bier ließ natürlich nicht lange auf sich warten, auch an den üblichen Tapas mangelte es nicht.

Diego vermittelte mir für die Nacht ein super günstiges Apartment (Apartment!!!) im hinteren Teil der Bar, was mich am späteren Abend mit seinen vielen verschiedenen Zimmern, gehörig überforderte. Kein Wunder, hielt ich mich bis dato während der Nächte doch hauptsächlich in meinem recht überschaubaren Zelt auf.

Gegen 11 Uhr gingen wir, wie es sich gehört, noch einmal richtig Essen um daraufhin in einem örtlichen Tanzlokal zu Gin Tonic und Co. der Tanzstunde vom frühen Abend zuzuzwinkern, wie sie zu Reggaeton und Bachata ihre Kreise drehte. Alles in allem ein gelungener Abend und obwohl ich am nächsten Tag gute 100 km bis nach Dos Hermanas vor mir hatte, würde ich zum Mittag noch auf einen kurzen Besuch in La Muela bei Diegos Familie vorbeischauen und dort einen verkannten Frisör glücklich machen.

Danke Diego und David. Es ist schön, Freunde wie euch auf dieser Reise kennenzulernen und wiederzusehen. Und ein Riesendank gilt auch eurer Familie! (Doch dazu gleich mehr.)

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