Das Windows-Problem

13. Juni 2016

Tag 4 – Von Lausanne nach Genf

Wer kennt es nicht? Eigentlich will man den Computer nur kurz ausschalten und auf einmal machen sich jäh die Updates breit. Als hätten sie nicht unlängst ein paar Tage Zeit gehabt, den Computer in Beschlag zu nehmen ohne wirklich zu stören.

Es war ja auch nicht so als hätte ich es irgendwie eilig gehabt. Das angepeilte Wolkenloch (ohne Regen) hatte ich ob eines ausgedehnten Morgens eh schon knapp verpasst. Und die Aussicht die 120 km bis Seyselle nach verspätetem Start bis in die Abenddämmerung abzuradeln störte auch nur mäßig. Allerdings wollte ich meinen Beinen (die offensichtlich wieder dazu im Stande schienen, ihre Dienste zu tun) unterwegs wirklich gerne ein, zwei Pausen gönnen. Man muss ja nach 3 Tagen „Reha“ in Lausanne nicht denselben Fehler abermals wiederholen…

Und das Update dauerte…

Scheiße, das Update dauerte…

(Keine Ahnung, was passiert, wenn man während eines Updates die schweizer Internetverbindung einfach kappt und als nächstes der Äther auf französisch hereintrudelt? – Multilinguale Benutzeroberfläche?)

Um halb 3 (!) hab ich dann den Ort des Geschehens mit einem frisch Erworbenen Windows-Update im Gepäck verlassen. Hurra! – Das wog ob der fortgeschrittenen Uhrzeit allerdings schwer in Bezug auf das Gesamtgewicht meines Fahrrads. Den neuen Features und der verbesserten Systemleistung würde ich ohne weiteres locker 10 Kilo zuschreiben. – Aber es hilft ja alles nix. Raus aus der Schweiz!

Ich fühlte mich an diesem Tag wie ein nasser Sack, der von einem Fahrrad gezogen wird, das man selbst den Berg hochschiebt. Hinzu kam noch, dass sich meine Beine bereits nach 20 km wieder bemerkbar machten. Ich war also wirklich absolut motiviert als mich auf einmal quickfidel ein junger Radreisender von links überholte und mir nicht ganz akzentfrei entgegenjodelte: „Hello! Where are you going?“. Was daraufhin begann war eine Unterhaltung von locker 40 km Dauer, über die sich jeder Autofahrer in Ermangelung von Fahrradwegen gleich zweimal aufgeregt hätte. Pavel alias Pablo kam aus Polen (wie ich seinen Erzählungen entnehmen konnte von der Küste) den langen Weg bis zum Genfer See gefahren und plante als Gesamtziel Barcelona ein. Sein Kumpel Hubert (?), der ihn begleitete, nahm an diesem Tag mit dem Zug vorlieb, da er von einem morgendlichen Sturz eine Blessur am Handgelenk davongetragen hatte. Ich war voller Verständnis, endete doch meine vorige Etappe ebenfalls mit einer Zugfahrt.

Im Garten bei Katri
Wie soll ich sagen? Ich liebe diese Begegnungen. Wenn ich auch offensichtliche Schwierigkeiten hatte, mit dem unablässlichen Redefluss von Pablo mitzuhalten, so verging doch die Zeit und damit auch die zurückgelegte Strecke schneller. Kurz vor Genf, waren dann alle restlichen Gebete ebenfalls erhört und Pablo bot mir ob meiner schmerzenden Beine einen Platz in seinem Air B n’B Domizil (oder wie sich das auch immer schreibt) an. Gut, man müsse es noch mit der Proprietaire abklären und auch ich musste mir wahrlich überlegen ob ich die Etappe denn schon wieder verkürzen wollte. Meine rechte Wade wartete allerdings mit ein paar unumstößlichen Argumenten auf. Da Pablo ohne Navi eh Schwierigkeiten hatte, die richtige Adresse zu finden, fuhr ich einfach mal mit. Und siehe da, ein schickes, kleines Häuschen im Bonbon-Stil wartete auf uns. Die Proprietaire, ihres Namens Katri, machte ebenfalls keinen großen Umstand daraus und lies mich für schlappe 10 Euro in ihrem Garten neben einer Bananenstaude kampieren. (In der Schweiz ist das spottbillig!)

So wendete sich alles dem Guten zu. Die Gewaltetappe nach Seyselle sparte ich mir zur Hälfte für den nächsten Tag auf und meine Beine durften ein wenig relaxen.

 

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